Obwohl ich mit meiner Yamaha FZ6 Fazer sehr zufrieden bin, mache ich öfter Probefahrten mit anderen Motorrädern. Erstens will ich einfach sehen, was der Markt so bietet und zweitens kann man nie wissen, ob nicht die Maschine für mich dabei ist. Anfang Oktober 2006 fuhr ich die "alte Tausender", eine Yamaha FZS 1000 Fazer Baujahr 2004.


Yamaha FZS 1000 Fazer

Die Anreise von der Steiermark ins Burgenland, wo die 1000er stand, dauerte einige Zeit. Natürlich fahre ich mit meiner FZ6 und ich bin gespannt, wie sich der direkte Vergleich anfühlen würde, das Umsteigen auf den vollen Liter Hubraum. Nach einigem Suchen finde ich das Haus des Besitzers.

Der erste Eindruck

Die FZS 1000 steht bereits am Parkplatz, tiptop gepflegt und poliert. Der erste Eindruck: Sehr schöne Maschine. Für eine Tausender sieht sie allerdings sehr schlank aus - die Optik ist nicht bulliger als die meiner Fz6. Die FZS 1000 hat ein aggressives, kantiges Gesicht, das nach wie vor modern aussieht. Augenfälligster Unterschied zu meiner FZ6 ist der Endtopf. Während meiner unter dem Sitz verlegt ist, hatte die FZS 1000 einen herkömmlichen Endtopf auf der rechten Seite. Der schwarz beschichtete Motorblock ist ein echter Blickfang, außerdem sind an der Maschine Sturzpads, ein dunkles Puig-Windschild und ein Bugspoiler in passender Lackierung montiert. Alles sehr schön. Lediglich die Sitzbank macht einen etwas antiquierten Eindruck.

Natürlich hatte ich mich vorab ein wenig über die große Fazer informiert. Nennleistung 143 PS bei 10.000 U/Min, Drehmoment 106 Nm bei 7.500 Touren. Im Vergleich zu meiner FZ6 heißt das: 45 PS mehr Leistung, 43 Nm mehr Drehmoment. Das klingt nach einem sehr sportlichen Eisen. Daß mir das Konzept "Fazer" zusagt, wußte ich ja schon - mit meiner FZ6 bin ich nun wirklich sehr zufrieden. Der Sprung auf 1000 Kubik kann also nur noch eine Steigerung des Spaßes bringen. Oder?


Die Frontpartie

Mit dem Eigentümer bin ich schnell einig. Ich würde erstmal eine Probefahrt mit der Tausender machen. Bin ich zufrieden mit der Maschine - wovon ich fest ausgehe - dann werde ich mein Motorrad bei ihm stehen lassen und die FZS 1000 zu meiner Werkstatt mitnehmen, um dort einen Ankaufstest machen zu lassen.

Probefahrt

Gesagt, getan. Das erste Aufsitzen ist ein vertrautes Gefühl: fazertypische Sitzposition, aufrecht, leicht nach vorn orientiert, bequem. Der nicht zu breite Tank der FZS macht sich dabei angenehm bemerkbar, der Knieschluß ist einwandfrei. Also weiter. Choke, starten. Einmal, zweimal, dreimal... Sie will zwar scheinbar kommen, startet aber nicht. Beim vierten mal geht's dann endlich, nachdem der Starttaster einige Sekunden gedrückt wurde. Schon jetzt ein erster Minuspunkt? Mal sehen.

Also runter vom Parkplatz, rauf auf die Landstraße. Ich hatte das Glück, eine Ecke vom Burgenland zu erwischen, die nicht ganz flach war. Kurvige Landstraßen, lange Geraden, ein paar Hügel - alles da. Der Motor schiebt natürlich mächtig an - vor allem, wenn ich ihn mit meiner 600er vergleiche. Im Vergleich zur neuen FZ1 Fazer, die ich ebenfalls schon fahren durfte, dreht die FZS 1000 viel besser von unten heraus. Und sie hängt weicher am Gas. Man merkt eben, daß hier noch Vergaser am Werk sind. Aus der Kurve hinausbeschleunigen und rein in die Gerade. Man ist mit dieser Maschine sehr schnell im verbotenen Geschwindigkeitsbereich, deshalb nehme ich zur Sicherheit Gas zurück. Ich wende nahe der Ortstafel und fahre die Gegengerade wieder zurück. Die Gerade wird in der Mitte von einer leichten S-Kurve durchbrochen, die schnell zu fahren ist. Mal sehen, wie sich die große Fazer in schnellen Wechselkurven verhält. Hier gibt es die erste Ernüchterung, die ersten Zweifel an dieser Maschine. Kann es sein, daß die FZS 1000 etwas schwerfällig ist? Das kann doch nicht sein, ich bin schließlich bereits zwei Fazer-Modelle gefahren und beide waren super handlich. Also weiter zum Ende der Geraden und rauf auf den Hügel, wo es in einigen Wechselkurven bergauf geht. Hier bestätigt sich jedoch der erste Verdacht. Die FZS 1000 ist nicht das handlichste Motorrad. Sehr schade, denn gerade darauf lege ich viel Wert bei einer Maschine. Es scheint, als wolle die große FZS in die Kurve gebeten werden. Sie hält dann auch sehr brav die Linie. Die sporliche, wendige Gangart; das schnelle Hin- und Herwerfen von einer Kurve in die nächste ist aber eindeutig nicht ihr Ding.


Das Heck der FZS 1000

Ich bleibe stehen, um erstmal ein paar Bilder der Maschine zu machen. Schließlich brauche ich auch etwas Zeit, um diese ersten Fahreindrücke wirken zu lassen. Soll ich meine nahezu perfekte FZ6 für die FZS 1000 eintauschen? Ich habe irgendwie kein gutes Gefühl dabei, ich bin mir nicht sicher. Nach ein paar Fotos beschließe ich, die Maschine nochmal zu fahren. Aber auch die zweite Fahrt ändert nichts am ersten Eindruck. Die FZS 1000 Fazer ist, im direkten Vergleich zur FZ6 und auch zur FZ1, ein eher schwerfälliges Motorrad. Sie hat nicht das, was mir an den neuen Fazer-Modellen so viel Spaß bereitet hat. Also zurück zum Parkplatz, wo der Besitzer wartet.

Ich sage ihm ohne Umschweife, daß ich seine Maschine nicht kaufen werde. Er versucht dennoch, mir einen besseren Preis zu machen und so das Motorrad doch noch an den Mann zu bringen. Aber es hilft nichts, ich habe mich entschieden. Wenn die FZS 1000 das tolle Fahrwerk der FZ1 oder der FZ6 hätte, dann würde ich zufreifen. So aber lasse ich lieber die Finger davon.

Fazit

Die FZS 1000 ist ein gutes Motorrad. Durchzugsstark, kraftvoller Motor, tolle Optik. Für mich jedoch fährt sie sich zu weich, zu behäbig. Es liegt mir fern, den Stab über der guten FZS 1000 zu brechen. Für mich jedoch ist das neue Konzept der FZ6 oder der FZ1 das attraktivere.

Dennoch bin ich sehr froh, diese Probefahrt gemacht zu haben. Sie hat mir einmal mehr gezeigt, was ich an meiner FZ6 habe.

Martin Dunst, 18.12.2006
Zuletzt geändert am 2.6.2015