Heute hatte ich das Vergnügen, eine Fireblade zu fahren. Es war nicht meine erste Fahrt mit einer Blade - 2006 hatte ich bereits ein Exemplar über die Straßen gescheucht: eine SC28 Baujahr 1993. Doch dieses Mal nahm ich auf einer nagelneuen 2007er Honda CBR1000RR Fireblade SC57 in Repsol-Lackierung Platz. Und es wurde eine denkwürdige Fahrt.


Honda Fireblade SC57


Die Tausender von vorne

Beim routinemäßigen Frühlingsbesuch "meiner" Motorradhändler fällt sie mir gleich auf: Die Repsol-Blade. Orange, rot, schwarz, weiß und bildschön, von welcher Seite man sie auch betrachtet. Alle anderen Hondas verblassen neben der RR, Hornet und Varadero können ihr eben so wenig das Wasser reichen wie CB1300 oder Gold Wing. Die Optik der SC57 ist zugleich aufregend und konservativ. Das Design ist nicht so futuristisch wie das der Yamaha R1 und nicht so italienisch wie bei der Ducati 1098. Der Anblick der Blade vermittelt Sportlichkeit, Explosivität und Kraft, aber ebenso Stabilität, Verlässlichkeit und Kultur. Die entschlossen blickenden Scheinwerferaugen scheinen zu sagen: "Wenn Du mich besteigst, dann solltest Du wissen, was Du tust".

Und das sollte man wirklich, denn die Daten sprechen eine eindeutige Sprache:


Die Front


"Repsol"

Das ist nichts für ängstliche Geister, so viel ist klar. Man sollte zumindest keine Angst zeigen, wenn man den Händler auf das Thema "Probefahrt" anspricht. Ich bemühe mich also um einen souveränen, unaufgeregten Gesichtsausdruck und betrete festen Schrittes das Büro.

"Mit der Fireblade lasse ich nicht jeden fahren", stellt der Verkäufer fest.

Und: "Wenn hier einer mit einer 500er vorfährt und die Blade testen will, dann kann er gleich wieder gehen".

Ich blicke kurz auf den Parkplatz zu meiner 600er Fazer, gehe aber nicht weiter auf sein Imponiergehabe ein. Schließlich bin ich hier, um die Fireblade zu fahren und nicht, um mit einem Verkäufer quatschen. Nach kurzer Zeit sind wir uns einig.

"Aber nicht mehr als 20 Minuten. Und bring sie mir heil zurück", bedingt er sich nervös aus. Kurz darauf würde er allein auf dem leeren Parkplatz zurückbleiben. Ich gehe zu "meiner" Repsol und umrunde sie mit der gebotenen Ehrfurcht. Ich will die Maschine etwas warm laufen lassen, denn sie soll keinen Schaden nehmen. Sie erwacht willig beim ersten Druck des Startknopfes und produziert einen kernigen Leerlaufsound. Das Fernthermometer zeigt nach kurzer Zeit 80°C an - es ist Zeit, aufzusitzen und nach ein paar Soundcheck-Zügen am Gashahn den Gang einzulegen.

"Pass auf, sie richtet sich auch im dritten Gang noch auf", ruft mir der Verkäufer noch zu.

Zugegeben: Die Aufregung steigt.

Aufgesessen!


Das Cockpit

Die Sitzposition ist typisch für eine Sportlerin - manche würden sie "menschenunwürdig" nennen. Ich jedoch fühle mich recht wohl auf der Fireblade. Die Lenkerstummel liegen tief, aber nicht zu tief. Der Kniewinkel ist auf meiner Fazer zwar angenehmer, aber auf der Blade immerhin nicht störend. Die Instrumente im Cockpit sind schnörkellos und gut ablesbar. Die Fireblade fühlt sich ungemein kompakt an und das schon im Stehen.

Die erste kleine Überraschung kommt, als ich die Kupplung loslasse. Der Kupplungsweg ist (vermutlich ab Werk) sehr lang eingestellt. Kaum lasse ich die Kupplung einen Millimeter kommen, zieht die Blade auch schon nach vorn. Es läßt sich bereits erahnen, wie viel Kraft in ihr steckt. Dennoch würde ich mir den Hebelweg kürzer einstellen, so wie ich es auch bei meiner Fazer gemacht habe.

Wir fahren los, ich und die Repsol. Die ersten Minuten geht es durch die Stadt. Die Honda ist kinderleicht zu bewegen. Mit etwas Gefühl in der Kupplungs- und Gashand fährt die Blade butterweich an. Lastwechsel sind ihr fremd. Ich bin vor ein paar Monaten auf einer Kawasaki ZX-10R gesessen. Im Vergleich zur großen Ninja ist die Fireblade viel handsamer, viel kultivierter. Die Blade macht mir auch innerorts Spaß.


Im Spiegel

Wir zirkeln durch den letzten Kreisverkehr und es geht ab auf die Autobahn. Auf der Auffahrt beschleunige ich auf etwa 100 km/h und es wird mir klar, was 172 PS können. Die Fireblade stürmt nach vorne, als gäbe es kein Morgen. Das Vorderrad wird spürbar leichter und ich stoppe den Zug am Gas. Das Grinsen unter dem Helmvisier bekomme ich so schnell nicht mehr aus der Fresse.

Die lange Auffahrt auf die Autobahn hat auch eine Linkskurve, die mit etwa 80 km/h gefahren wird. Ich bin gespannt, wie die Honda sich in der Kurve verhält. Die ZX-10R war hier etwas zickig und wollte in den Radius gezwungen werden. Anders die Fireblade. Ein leichter Zug am Lenkerstummel, eine sanfte Gewichtsverlagerung und die Maschine legt sich bereitwillig in die Kurve. Auch leichte Korrekturen in der Schräglage läßt sie ohne großen Protest zu. Das Motorrad gefällt mir immer besser - das sind fahrbare 172 PS! Am Kurvenausgang lasse ich mir Zeit und beschleunige erst, als die Maschine wieder fast aufrecht ist. Vor mir liegt nun eine etwa zwei Kilometer lange Gerade, die bergauf führt.


CBR1000RR SC57

Jetzt zeigt mir die CBR, wofür sie wirklich gemacht wurde. Die Beschleunigung ist atemberaubend, obwohl ich nicht annähernd auf Vollgas fahre. "Überholen" wäre ein Hilfsausdruck - ich fliege an den Autos vorbei, als würden sie stehen. Alles andere als die Überholspur wäre eine Beleidigung für dieses Motorrad. Und das beste daran: Sie läuft wunderbar ruhig, vertrauenserweckend, kultiviert. Die Fireblade ist keine kompromisslose Rennmaschine wie etwa die ZX-10R - obwohl sie der Kawasaki in nichts nachsteht, wenn es um die Sportlichkeit geht. Dennoch kann die Blade mehr. Sie bietet eine bessere Sitzposition, läßt sich wunderbar schalten, sie reagiert explosiv und dennoch nicht hektisch auf die Kommandos der rechten Hand. Und sie ist unkomplizierter, alltagstauglicher. Ich kann mir durchaus vorstellen, mit ihr auch eine mittlere Tour zu fahren, ohne danach mit schmerzverzerrtem Gesicht abzusteigen.

Und die Zeit läuft. 20 Minuten sind nicht viel, wenn man gerade dabei ist, sich in ein Motorrad zu verlieben. Kaum angefreundet, muss ich sie auch schon wieder hergeben.

Als ich auf meiner Fazer - die sich nach dem Ritt auf der Blade anfühlt wie ein 50ccm-Mofa - wieder nach Hause fahre, reift ein Entschluß: Eines Tages werde ich meine eigene Blade fahren.

Eines Tages.

Martin Dunst, 13.4.2007
Zuletzt geändert am 2.8.2008