Erstkontakt
Alle Welt redet von Linux und es gibt richtig eingefleischte Fans in der Linuxgemeinde, die auf ihr System schwören und kaum etwas anderes gelten lassen. Das hatte mich neugierig gemacht, die Neugier ging allerdings nie so weit, daß ich mir das System besorgt und installiert hätte. Anfang 2007 hatte sich die Absicht dann erhärtet: Ich zog los, um eine Festplatte und Linux zu erwerben.
Drei Gründe waren ausschlaggebend für meine Entscheidung:
Schon beim Kauf von Linux stellen sich neue Fragen. Bei Windows ist es denkbar einfach: Man nimmt zur Zeit Windows XP. Man muß lediglich entscheiden, ob die Home oder Professional Variante besser geeignet ist. Ich hatte damals Windows XP Professional gekauft. Über 200 Euro hatte die Software gekostet. Da ist Linux ungleich günstiger: Man kann sich eine Distribution kostenlos downloaden oder um etwa 70 Euro kaufen.
Aber welche Distribution? Ich muß zugeben, daß ich nicht um die Vor- und Nachteile der verschiedenen Distribution wußte, als ich mich für SUSE 10.1 entschied. Ich hatte meinen Freund Andreas, der seit langem und mitterweile schon seit Jahren beruflich mit Linux zu tun hat, gefragt, was denn die beste Distribution für einen Einsteiger wie mich wäre. "SUSE", meinte er spontan, "da hast Du alles, was Du brauchst." Ich hätte auch keine große Wahl gehabt. In dem Laden, in dem ich die Festplatte kaufte, gab es nur eine einzige Linux-Distribution: SUSE. Auf der Box stand in großen Lettern: "Das Komplettpaket für den Linux-Einstieg". Nun, perfekt - das war es, was ich brauchte.
Zuhause angekommen, wurde die Festplatte eingebaut. Dann erstmal durchatmen: Die Installation von Linux steht an. Wenn das mal gut geht. Ich hatte gehört, daß SUSE sich leicht installieren ließe, selbst wenn keine eigene Festplatte dafür vorhanden wäre. Das System sei sogar in der Lage, sich auf die Platte eines Windows-Systems zu installieren und zu diesem Zweck die Windows-Partition zu verkleinern. Trotzdem, ein etwas flaues Gefühl blieb. Meiner Windows-Installation durfte nichts passieren. Ich hatte lange gebraucht, sie so herzurichten, wie ich sie brauchte.
Meine Befürchtungen erwiesen sich als grundlos. Die Installation von SUSE Linux 10.1 verlief glatt und ohne Probleme. Der Installer erkannte die neue, unformatierte Festplatte und schlug diese selbständig als Installationsziel vor. Der Installationsvorgang dauerte in meinem Fall etwas mehr als eine Stunde. Zuerst will der Installer Antworten auf einige Fragen - wie soll der Hostname lauten, wie der Name der Domain, um nur einige Beispiele zu nennen. Es ist in jedem Fall hilfreich, wenn man mit diesen Begriffen etwas anfangen kann. Der Installationsvorgang ist in jedem Moment gut kommentiert und ich hatte am Ende das Vertrauen, während der Installation nicht gebannt auf den Monitor zu starren. Ich verließ mein Büro, der Installer machte brav den Rest. Was mich besonders positiv überraschte: Die Hardwareerkennung lief meinem halbwegs aktuellen Rechner - zu diesem Zeitpunkt ist er etwa ein Jahr alt - ohne jegliche Probleme. Auch die Internetverbindung funktionierte augenblicklich. Das war schon mal die halbe Miete.
Linux legte noch einen Boot-Manager an, mit dem ich zwischen Linux und Windows wählen kann. Damit war das Kapitel Installation auch schon beendet.
Da war es nun, mein erstes eigenes Linux. Als Benutzeroberfläche hatte ich bei der Installation KDE gewählt. KDE sah richtig gut aus. Gefälliger Hintergrund, große schöne Icons und ein Startmenü, das an Windows erinnert. Bald stellte sich jedoch heraus, daß die optischen Ähnlichkeiten der Oberfläche die einzige Gemeinsamkeit zwischen Linux und Windows sind. Unter Linux ist alles, nun ja, anders als unter Windows. Es fällt schwer, seine gewohnte Umgebung mit einer neuen, ungewohnten zu vergleichen. Ich kannte so gut wie keinen Programmnamen, die im Startmenü aufschienen. Eines jedoch fiel auf: Das Startmenu auf auffallend gut strukturiert. Nicht so wie in Windows, wo das Startmenü nach einigen Installationen gleich mal über die gesamte Bildschirmhöhe reicht. Linux hat intelligent gegliederte Ordner und Unterordner, die Programmnamen sind teilweise mit kurzen, geklammerten Kommentaren versehen, die vor allem dem Einsteiger nützlich sind.
Nun gab es gleich eine erste Aufgabe, die ich sofort bewältigen wollte. Ich war noch nicht zuhause in Linux, solange Thunderbird und Opera nicht verfügbar waren. Diese beiden Programme sind auch unter Windows meine Standardanwendungen für E-Mail und HTTP. Also, wie installiert man Software auf Linux? Ich hatte von Paketen gehört, wußte aber nicht mehr darüber.
Ich gehe erstmal auf die Website von Opera. Der Downloadbereich dieser Website ist vorbildlich gegliedert: Ich folge dem Link "Download Opera for Linux" und gelange auf eine Seite, wo ich meine Linuxdistribution und -version auswählen kann. Ich downloade das RPM-Paket für SUSE 10.1 und kann dieses anschließend problemlos installieren. Sogar im Startmenü ist Opera gleich unter dem richtigen Platz zu finden: unter Internet/Web-Browser. Ausgezeichnet - das ist ein System, das sich selbst in Ordung hält. Opera läuft, ich fühle mich ein Stück heimischer.
Nach diesem ersten Erfolg bin ich guter Dinge, daß es mit Thunderbird gleich glatt laufen würde. Ich gehe auf die Mozilla-Website und hole mir die Installationsdatei auf den Rechner. Ich packe die komprimierte Datei aus und finde... kein RPM-Paket. Es ist nicht nur eine Datei, sondern viele, die da im ausgepackten Ordner liegen. Ein "chrome"-Ordner, ein "profiles"-Ordner... diese Namen kenne ich von der Windows-Installation des Donnervogels. Sieht ganz so aus, als hätte ich mir hier kein Paket, sondern die lauffähige Software geholt. Ich versuche, Thunderbird zu starten - nichts passiert. Es scheint so, als wäre ich hier am Ende einer Sackgasse angelangt. Also lösche ich den Download kurzerhand und versuche etwas anderes. Thunderbird ist doch eine gebräuchliche Anwendung, die doch eigentlich auf der SUSE-DVD vorhanden sein müßte. Erneut durchsuche ich das Startmenü und stoße kurz darauf auf die sprichwörtliche Eierlegende Wollmichsau: YaST, das Kontrollzentrum. Dieses Ding scheint wirklich fast alles zu können. Hier finde ich die Rubriken Software, Hardware, System, Netzwerkgeräte, Netzwerkdienste und einige mehr. Im Moment scheint mir Software das geeignete zu sein. Als Unterpunkt von Software sticht mir der Punkt Software installieren oder löschen ins Auge. Das muß es sein, hier bin ich richtig. Nach kurzer Zeit hat YaST die Softwareliste geladen und stellt mir daneben ein Suchfeld zur Verfügung, in das ich "Thunderbird" eintippe. Ich werde sofort fündig und kreuze Thunderbird im Suchergebnis an. Schon wird es installiert und - natürlich - an der richtigen Stelle im Startmenü abgelegt.
Wirklich, ich finde langsam Gefallen an Linux!
Ich habe ein kleines Windows-LAN in meinem Heimbüro, in dessen Zentrum ein XP-Fileserver steht. Hier lege ich alles ab, was an Daten anfällt. Digitalbilder, Videos meiner Handycam und so weiter. Diese Daten wollte ich nun auch unter Linux zur Verfügung haben. Wie? Keine Ahnung. Also mal sehen. Unter Windows wäre die "Netzwerkumgebung" mein Ausgangspunkt gewesen. Linux sollte doch etwas Vergleichbares haben. Ah, da haben wir es ja schon: "Netzwerk Browser" ist der Name einer Verknüpfung, die direkt auf dem Desktop abgelegt ist. Also rein da. Lokales Netzwerk ist der erste Punkt, das klingt vielversprechend. Raufgeklickt und es erscheint eine Fehlermeldung: "LISa scheint nicht aktiviert zu sein". Was zum Geier ist LISa? Hier hilft ein kurzer Anruf beim Linux-Profi, meinem Freund Andreas. LISa könnte ich unter YaST/System/Runlevel-Editor starten, meint er. Gesagt, getan. Ich finde den Runlevel-Editor sofort und ich stelle fest, daß er offenbar das Äquivalent der Windows-Dienste darstellt. Ich starte LISa und schließe die Dienste. Jetzt müßte es klappen: Ich klicke wieder auf Lokales Netzwerk. Keine Fehlermeldung mehr, es erscheint ein leeres Fenster. Ich bin ein wenig ratlos und klicke auf den Back-Button.
Jetzt stelle ich fest, daß ich nur etwas voreilig gewesen war. Ich hatte den Punkt SMB-Freigaben übersehen. SMB steht offensichtlich für Samba, und Samba steht in Linux für die Verbindung zu Windows-Netzen. Ich muß lediglich den Namen der Arbeitsgruppe angeben und schon habe ich meinen Windws-Fileserver zur Verfügung!
In einem Punkt bin ich enttäuscht: Ich habe es zwar geschafft, die Verbindung zu meinem Windows-LAN herzustellen. Es ist mir aber nicht möglich, zum Beispiel ein JPEG-Bild direkt vom Windows-Fileserver in Gimp auf Linux zu laden. Ebenso unmöglich ist es, ein MP3 direkt vom Fileserver auf Linux abzuspielen. Dies ist insofern ärgerlich, als sich der Sinn eines Fileservers relativiert, wenn man unter Linux doch alles auf die lokale Platte kopieren muß, um es verwenden zu können. Ich bin allerdings zuversichtlich, daß es auch für dieses Problem eine Lösung gibt.
Linux ist definitiv cool. Die Schwierigkeiten, die es anfangs bereitet, rühren wohl großteils daher, daß der Windowsbenutzer nur sein Windows gewohnt ist und nichts anderes.
Wie es mein Freund Andreas einmal formuliert hat: "Um dabeizubleiben, braucht es eine gewisse Hartnäckigkeit".
Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Meine weiteren Fortschritte mit Linux werde ich künftig im Linux-Blog niederschreiben.
Martin Dunst, 4.1.2007
Zuletzt geändert am 13.10.2007
5.1.2007, 13:57
Auch das Problem mit dem Windows-Fileserver ist inzwischen gelöst. Ein simples "mount" (ausgeführt unter root) hat es gebracht:
mount -t smbfs -o username=benutzer,password=geheim //winserver/freigabe /windows/freigabe
--Martin Dunst
11.1.2007, 21:40
Ich denke man sollte erwähnen das Linux grundsätzlich eher für "advanced" computer benutzer gedacht ist. Der der nocht nichts anderes mit seinem rechner getan hat ausser musik/filme zu sehen, zu brennen und zu zocken wird warscheinlich wenig gründe finden linux zu benutzen.
Jeder der seinen rechner kennenlernen will, vielleicht sogar zusammenhänge zwischen der software im rechner, dem OS und der jardware erkennen will wird seine freude haben,
Wobei ich von SuSe abraten würde. Zu viel wird vereinfacht.
14.3.2008, 13:39
Sorry, aber genau das ist was der Musik-Filme-Internet-User will. Zuviel vereinfacht gibt es für solche User nicht! Selbst ich als IT'ler möchte privat am liebsten einen Rechner kaufen, meine Email eintippen und der Rechner kann alles. Ist wohl Geschmackssache :)
Tolle Seite übrigens, Martin!
13.8.2015, 09:31
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14.8.2015, 00:31
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